ISRAEL: DIE MISCHUNG MACHT´S
TEXT | INES SCHMIEDMAIER
Israel kann nicht nur mit mediterranem Klima und Lebensgefühl aufwarten sondern auch mit einer besonderen Designszene: europäische Einflüsse und Wurzeln im mittleren Osten ergeben einen besonders kreativen Output.
Für junge DesignerInnen bietet Tel Aviv – eine der hippsten Städte der Welt – beste Voraussetzungen: ein modeaffines Publikum und eine pulsierende Szene.
Die Israelis sind jung, lebenslustig, inspiriert, leben im Augenblick und sind offen für modische Experimente. Seit Ende 2011 kann die angesagte Metropole am Mittelmeer mit einem zusätzlichen Highlight aufwarten: der „Tel Aviv Fashion Week“ (TLVFW).
Große Distanz zu europäischen Märkten
Die besondere geografische Lage des Staates im mittleren Osten, der halb so groß wie die Schweiz ist, macht es den ansässigen DesignerInnen schwer und leicht zugleich.
„Israel hat einen Vor- und einen Nachteil: Handarbeit, wie zum Beispiel die Schneiderei, ist in Israel noch erschwinglich. Dafür gibt es keine Käufermassen und so gut wie keine Absatzmärkte in den Nachbarländern des mittleren Ostens“,
berichtet Adam Gefen, Designer für Herrenmode aus Tel Aviv und Aussteller beim MODEPALAST.
Seine farbenfroh gemusterten Hosen, Hemden und Bermudas sind auffällig und einzigartig, was seine Stücke von traditioneller, eher konservativer Herrenmode auf den ersten Blick unterscheidet.
Während junge ModedesignerInnen in Europa mit einem vollgeladenen Auto sämtliche Länder besuchen können, muss man als Israeli drei Stunden Flug in Kauf nehmen. Und eine erkleckliche Summe an Geld zur Verfügung haben, um die große Distanz zum internationalen Markt überwinden zu können.
Die Modeszene in Europa und ihre KäuferInnen hat Adam, der Design am Bezalel Kolleg in Jerusalem studierte, bereits während der Ausbildung kennengelernt: er absolvierte Praktika in Dänemark, Kroatien und England. Alles geht schneller, die Menschen leben im Augenblick Tomer Almoznino von „First Kiss“, der das Label gemeinsam mit seiner Partnerin Diana Bazeli betreibt, hat durch sein Studium in London ebenfalls Erfahrungen in Europa sammeln können.
Diana Bazeli studierte Design in Tel Aviv. Gemeinsam haben sie Städte wie Berlin, Stockholm und Kopenhagen besucht und zeigen sich besonders beeindruckt von Skandinavien: „Die Leute sind sehr offen und das Design ist klar und modern“. Angefangen ihre Mode zu produzieren haben Diana und Tomer in ihrem eigenen Apartment in Tel Aviv, jetzt betreiben sie ein Studio in dem sie ihre Stücke verkaufen. Während DesignerInnen hierzulande oftmals noch einem Brotjob nachgehen und ihr Design „nebenbei“ produzieren, sind Tomer und Diana zu hundert Prozent ihrer Arbeit als Designer verschrieben. „Wir haben keine Wahl, das ist unser Beruf“, bemerkt Diana Bazeli lächelnd.
Mode wird als Ganzes erlebbar Die Kleider von „First Kiss“ zeichnen sich durch fließende Stoffe, meist Seide oder Chiffon, die den Konturen des Körpers folgen, aus. Diana und Tomer experimentieren bei ihrer Damenmode mit verschiedenen Materialien und Transparenz. Die Kreationen des Labels sind bei den BesucherInnen des MODEPALAST gut angekommen.
Trends und Vibes werden unmittelbar aufgegriffen und umgesetzt, alles geht sehr schnell und unmittelbar.
Während es hier in Wien eher beschaulich zugeht, gibt es auf Modemessen in Israel laute DJ Musik +und Partystimmung.
Trends werden unmittelbar umgesetzt Auch Adam Gefen sieht einen Unterschied zur Modeszene in Israel – die Menschen sind dort sehr aufgeschlossen für neue Materialien, Schnitte, Farben und Formen.
Sie werden schneller auf der Straße getragen – in Österreich braucht es lange, bis Trends sich durchsetzen. Diana und Tomer haben bereits Kunden in Kalifornien und Japan und möchten ihr Label international noch besser positionieren. Ihr großer Traum wäre es, auf der London Fashion Week zu präsentieren. Leben und arbeiten möchten die beiden aber weiterhin in Tel Aviv – schließlich liegt ihr Studio in einem lebendigen, aufstrebenden Viertel, umgeben von Bars, Cafés und in der Nähe des Mittelmeeres.
In Jerusalem wird gebetet, in Haifa gearbeitet und in Tel Aviv gelebt
Auch Adam Gefen hat vorerst vor, in Israel zu bleiben, sollten sich aber neue und bessere Gelegenheiten ergeben seine Mode zu vertreiben, kann er sich vorstellen auch anderswo zu leben.
Sie wären jedoch zu modern für das Wiener Publikum meint Diana:
„Den Leuten hier fehlt noch ein Schritt um unsere Sachen zu tragen. In Israel funktioniert die Modeszene anders und wird als Ganzes erlebbar.“